Liebe Leserinnen und Leser,

Prof. Barbara Schwarze und Prof. Dr. Nicola Marsden

wenn Sie unsere Arbeit über die vergangenen Jahre verfolgt haben, wissen Sie, dass die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an einer digital vernetzten Welt eines unserer zentralen Themenfelder ist. Die von uns in Kooperation mit der Initiative D21 erarbeitete und Anfang 2020 veröffentlichte Sonderauswertung „Digital Gender Gap“ des D21-Digital-Index 2018/2019 zeigte uns einmal mehr, dass Frauen und Männer nach wie vor nicht in gleichem Maße an der Digitalisierung teilhaben und weiterhin Handlungsbedarf besteht.

Welche Rolle die Politik im digitalen Transformationsprozess spielt und spielen muss, haben wir auf einem von Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit und dem Deutschen Frauenrat initiierten Parlamentarischen Frühstück mit Bundestagsabgeordneten diskutiert und im Anschluss fünf zentrale Forderungen formuliert.

Bei Expert*innen-Hearings der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung waren wir als Expertinnen geladen, Prof. Barbara Schwarze für das Thema MINT-Gleichstellungspolitik, Nicola Marsden zu neuen Arbeitsformen und Stereotypen in der Digitalwirtschaft. Außerdem hat Barbara Schwarze als geladene Expertin an einem Expert*innen-Hearing der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht teilgenommen, der auf das Schwerpunktthema Digitalisierung fokussiert.

In unserem 2020 beendeten Verbundprojekt GEWINN haben wir mit dem innovativen Ansatz des Reallabors praktische Problemstellungen bezüglich der Chancengerechtigkeit im digitalen Wandel bearbeitet. Die Projektergebnisse sind in Handlungsempfehlungen dokumentiert.

 

Wie für alle anderen auch, waren die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown ab Mitte März 2020 für uns einschneidende Ereignisse. Bezogen auf die Digitalisierung in Deutschland gab es eine eindeutige Dynamisierung, diese machte aber einmal mehr deutlich, dass Frauen und Männer unterschiedlich von digitalen Transformationsprozessen profitieren, wenn diese nicht geschlechtergerecht und partnerschaftlich ausgestaltet werden. Für uns als Kompetenzzentrum stellte sich schnell die Frage, welche Erfahrungen Frauen und Männer mit Homeoffice, digitaler Ausstattung, Weiterbildung und Arbeitsteilung in der Partner*innenschaft machen. Wir haben deshalb eine Studie durchgeführt, an der mehr als 1.000 Personen vom 8. bis 30 Juni 2020 teilgenommen haben. Ende 2020 wurden die ersten Ergebnisse der Studie veröffentlicht, die zeigen, dass die Zufriedenheit mit Angeboten an Fortbildungen im Bereich digitale Technologien und Anwendungen unter Beschäftigten im Homeoffice gering ist. Doch die Studienergebnisse liefern auch wertvolle Hinweise darauf, welche Wege eingeschlagen werden können, um diesen Missstand zu beheben.

Neben der digitalen Transformation ist der demografische Wandel eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen. Je nach Region sind die Kommunen – Städte, Landkreise und Gemeinden, ganz unterschiedlich vom demografischen Wandel betroffen. Im Rahmen der Demografiewerkstatt Kommunen (DWK) haben wir fünf Jahre lang Kommunen bei der Gestaltung dieses Prozesses unterstützt. Dabei wurden konkrete Handlungsansätze eruiert, Projekte angestoßen und bereits vorhandene Initiativen einbezogen und effektiv miteinander vernetzt. Die DWK ist 2020 mit großem Erfolg abgeschlossen worden.

Auf unsere Arbeit im Themenfeld Berufs- und Lebensplanung wirkten sich die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen besonders stark aus. Mit unseren Projekten Girls’Day, Boys’Day und „Komm, mach MINT.“ haben wir immer auf die persönliche Ansprache gesetzt. So sind individuelle Beratung und das praktische Erproben an unseren Mitmach-Angeboten auf Berufsorientierungsmessen genauso wie das Sammeln praktischer Erfahrungen in Unternehmen und Institutionen an den Aktionstagen Girls’Day und Boys’Day von herausragender Bedeutung, um Interesse an unterschiedlichen Berufsfeldern zu wecken und eine klischeefreie Berufsorientierung zu forcieren. All dies war 2020 nicht möglich. Der Girls’Day und der Boys’Day mussten bundesweit abgesagt werden. Einige Unternehmen, Betriebe und Einrichtungen boten kurzfristig digitale Formate an. Sie dienten und dienen uns als Wegweiser und Impulsgeber für weitere virtuelle Veranstaltungen.

„Komm, mach MINT.“ beteiligte sich an mehreren Online-Events zur Berufsorientierung und konnte so per Chat Beratungen durchführen. Nach wie vor zeigen unsere Aktivitäten, dass die Berufsorientierung von Jugendlichen durch Geschlechterklischees beeinflusst ist. Kinder werden schon in jungen Jahren mit solch einengenden Klischees konfrontiert. Um dem entgegenzuwirken, hat die Initiative Klischeefrei das Methoden-Set „Klischeefrei fängt früh an" für Kitas produziert. Es umfasst Methoden für zwei unterschiedliche Altersgruppen sowie für die Elternarbeit und ergänzt das Angebot der Initiative Klischeefrei um den Bereich der frühkindlichen Bildung.

Im Themenfeld Frauen und MINT haben wir 2020 ein großes Interesse an Unterstützung bei der Initiierung und Umsetzung geschlechtersensibler Maßnahmen seitens Hochschulen und Unternehmen verzeichnet. Entsprechend wuchs die Zahl der Paktpartner*innen im Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen „Komm, mach MINT.“ und bereits im August konnte der 350. Paktpartner begrüßt werden. Die Statistik belegt den Erfolg dieses großen Netzwerks: Über 34 Prozent der MINT-Studierenden im ersten Fachsemester sind mittlerweile weiblich (Studienjahr 2018/2019).

Bereits 2016 ist es uns gelungen, gemeinsam mit den Kontaktstellen Frau und Beruf in Baden-Württemberg und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg ein Mentorinnen-Programm für Migrantinnen ins Leben zu rufen und damit die Integration von Frauen mit Migrationsgeschichte und geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Im August 2020 wurde dieses wichtige Programm durch die Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Mentoring ausgezeichnet.

Auch bei uns in der Geschäftsstelle haben die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Einschränkungen zu zahlreichen Herausforderungen und Veränderungen in der Zusammenarbeit geführt. Wir als Vorstand befördern bereits seit einigen Jahren das agile Arbeiten sowie den Einsatz digitaler Anwendungen und neuer Technologien in der Geschäftsstelle, so dass eine Umstellung auf Homeoffice und virtuelle Teambesprechungen reibungslos möglich war. Dennoch stellen Homeoffice, Homeschooling und Entgrenzung der Arbeit viele unserer Mitarbeiter*innen vor große Herausforderungen. Wir möchten ihnen und insbesondere der Geschäftsführung für ihr Engagement für zukunftsgerichtete Arbeitsformen und Arbeitsmethoden in diesen besonderen Zeiten unseren herzlichen Dank aussprechen!

Barbara Schwarze und Nicola Marsden

 

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